Sozialgericht Stuttgart – Az. S 16 KR 2563/12

Krankenkasse bezahlt nur analoges Hörgerät

Die wenigsten Menschen in Deutschland sind mit der Leistung ihrer Krankenkasse wirklich zufrieden. Das gilt insbesondere für die gesetzlich Versicherten bzw. die berühmten Kassenpatienten.

Im Gesundheitswesen wird seit etlichen Jahren an allen Ecken und Enden gespart, obwohl zwischenzeitlich Meldungen die Runde machten, nach denen die Kassen in Deutschland über Rücklagen und Überschüsse in Milliardenhöhe verfügen.

Der einfache Versicherte hat hiervon jedoch in der Regel nichts. Er kann zufrieden sein, wenn seine Erkrankungen und Leiden angemessen behandelt werden und die entsprechenden Behandlungskosten von der Krankenkasse übernommen werden. Sowohl bei Arzneimitteln als auch bei medizinischen Hilfsmitteln gibt es hierbei jedoch oft Probleme und Streitigkeiten.

Kein Wunder, denn hier stehen sich unterschiedliche Interessen gegenüber: Der Patient möchte die bestmögliche Versorgung genießen, die Krankenkasse dagegen muss möglichst kostengünstig arbeiten und wird daher auch bei Medikamenten und Hilfsmitteln den jeweils kostengünstigsten Weg wählen.

Günstiges und teures Modell funktionieren gleichermaßen

Der Kläger in dem folgenden Fall kann hiervon ein Lied singen. Er ist schwerhörig und daher auf ein Hörgerät angewiesen. Die Krankenkasse finanzierte ihm jedoch lediglich ein altertümliches, analoges Gerät, während er darauf bestand, ein digitales Hörgerät der neuesten Generation zu erhalten bzw. von der Kasse finanziert zu bekommen.

Da sich beide Parteien nicht einigen konnten, ging der Fall schließlich vor Gericht. Hier die genauen Details der Gerichtsverhandlung:

Der Kläger ist gesetzlich krankenversichert und leidet bereits seit einigen Jahren unter einer sogenannten Innenohrschwerhörigkeit. Betroffen waren beide Ohren. Der behandelnde Arzt verordnete ihm daher auf beiden Ohren Hörgeräte. Die Anpassung der Hörgeräte wurde von einem Hörgeräteakustiker vorgenommen.

Damit testete der Fachmann sowohl das einfache Festbetragsmodell als auch das wesentlich hochwertigere digitale Hörgerätemodell direkt am Patienten. Mit beiden Systemen verstand der Schwerhörigere die gleiche Anzahl von Silben.

Empfehlung des Hörgeräteakustikers reicht nicht aus

Trotzdem empfahl der Hörgeräteakustiker dem Patienten, das teurere und höherwertige Hörgerät zu verwenden, da dieses über eine größere Verstärkungsreserve und eine beste Akzeptanz verfüge. Der Betroffene folgte den Ausführungen des Fachmanns und erwarb die digitalen Hörgeräte für beide Ohren.

Die Kosten für diese medizinischen Hilfsmittel forderte er schließlich von seiner Krankenkasse ein. Die Krankenkasse weigerte sich jedoch, die Mehrkosten für die digitalen Hörgeräte zu übernehmen und zahlte dem Versicherten lediglich den Festbetrag.

Damit erklärte sich der Versicherte nicht einverstanden und bezog sich auf die Empfehlung des Hörgeräteakustikers. Als sich beide Parteien nicht einigen konnten, musste sich das Sozialgericht Stuttgart diesem Fall annehmen.

Das Urteil fiel gegen den Kläger aus. Das Sozialgericht stellte fest, der Kläger habe die Mehrkosten für das höherwertige digitale Hörgerät selbst zu tragen. Die Begründung der Richter: Auch im Bereich des unmittelbaren Ausgleichs von Behinderungen seien Krankenkassen nicht dazu verpflichtet, einem Versicherten jede gewünschte Hörhilfe zur Verfügung zu stellen.

Krankenkasse dazu berechtigt, das günstigere Modell zu finanzieren

Dies gelte insbesondere dann, wenn eine kostengünstige Variante zum Ausgleich der behinderten Körperfunktionen funktionell ebenfalls in gleicher Weise geeignet ist.

Sofern es also im Hinblick auf das Ergebnis keinen Unterschied mache, ob der Versicherte die günstige oder die teurere Variante soll, sei die Krankenkasse dazu berechtigt, lediglich die Kosten für die günstige Variante zu übernehmen.

Die Empfehlung des Hörgeräteakustikers, auf die sich der Versicherte in der Folge bezog, sah das Gericht nicht als ausschlaggebend für eine Erstattung der Kosten für teure Hörgeräte an.

Diese sei lediglich als Ratschlag zu werten, nicht als Notwendigkeit – insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisse der Höruntersuchung, nach denen beide Varianten des Steuergerätes beim Betroffenen die gleiche Verbesserung im Hörvermögen brachten.