Landessozialgericht Rheinland-Pfalz – Az. L 5 KR 66/15 KL:

Zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen für Vegetarier und Veganer seitens einer Krankenkasse sind grundsätzlich unzulässig

Die Diskussion, ob eine vegetarische bzw. vegane Ernährung grundsätzlich förderlich für die Gesundheit und somit ratsam ist, geht seit vielen Jahren durch sämtliche Medien. Die Meinungen der Experten gehen hier weit auseinander.

Die einen halten diese Ernährungsweise für das Nonplusultra hinsichtlich der Gesundheit der Bevölkerung, andere können darin kaum Vorteile gegenüber einer ausgewogenen, herkömmlichen Ernährung erkennen.

Trotzdem geht der Trend in Deutschland seit einigen Jahren vermehrt zu einer veganen bzw. vegetarischen Ernährung. Die Zahl der Veganer und Vegetarier steigt daher in jedem Jahr deutlich an. Dieser Umstand ist auch den Krankenkassen in Deutschland nicht verborgen geblieben.

In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, inwieweit eine Krankenkasse auf den geschilderten Umstand eingehen und ihre Satzung entsprechend anpassen darf, ohne dass Mitglieder dadurch benachteiligt werden. Genau in diesem Bereich bewegt sich ein vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz verhandelter Fall, dem folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

Darf eine Krankenkasse Veganer und Vegetarier bevorzugen?

Eine vergleichsweise kleine Betriebskrankenkasse mit knapp 40.000 Versicherten positionierte sich im Wettbewerb seit einigen Jahren mit einer klaren ökologischen Ausprägung. In diesem Zusammenhang verankerte die Krankenkasse eine Klausel in ihrer Satzung.

Für vegan und vegetarisch lebende Mitglieder werden die Kosten für eine Blutuntersuchung inklusive ärztlicher Beratung und Aufklärung bis zu einem Höchstbetrag von 75.- Euro pro Jahr übernommen.

Diese Klausel stieß jedoch beim Bundesversicherungsamt auf Ablehnung, der entsprechende Bescheid zur Genehmigung wurde nicht erteilt. Damit sah sich die Betriebskrankenkasse nicht einverstanden und erhob Klage.

In der Verhandlung berief sich die Krankenkasse auf den Umstand, dass die in der Satzung vorgesehene Blutuntersuchung für Vegetarier und Veganer grundsätzlich notwendig sei, damit Krankheiten bzw. die Verschlimmerung bereits bestehender Leiden vermieden werden können. Es handele sich dabei also um eine Vorsorgeleistung, die entsprechend in der Satzung zu verankern sei.

Kein grundsätzliches Risiko durch vegane oder vegetarische Ernährung

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz konnte dieser Begründung nicht folgen. So widersprachen die Richter beispielsweise den Ausführungen der Krankenkasse, nach denen ein Mangel an Vitamin B 12 bei Vegetariern und Veganern ein erhöhtes Krankheitsrisiko darstelle, und dieser Mangel durch die anvisierten Blutuntersuchungen frühzeitig aufgedeckt werden könne.

Das Gericht stellte fest: Bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung könne nicht grundsätzlich ein Mangel an Vitamin B 12 samt der hiermit verbundenen bzw. dadurch verursachten Erkrankungen als gegeben angesehen werden.

Leistungen in Form von medizinischen Vorsorgeuntersuchungen könnten nur dann in der Satzung einer Krankenversicherung verankert werden, wenn sie aus konkret-individuellen Gründen notwendig seien, um ein drohendes Krankheitsrisiko beim Versicherten abzuwenden. Dies sei hier allerdings nicht der Fall, weswegen die Ablehnung der Anerkennung einer solchen Klausel durch die Versicherungsaufsicht rechtens sei.